22.08.2000

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat in diesem Frühjahr neue, modifizierte Empfehlungen herausgegeben

Ernährung mit gesunder Mischkost allein reicht nicht immer aus

Eine gesunde, vielseitige Mischkost ist eine gute Prävention von Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen. Aber nicht bei allen Menschen und in allen Situationen wird der Bedarf an Vitaminen und Spurenelementen über die Ernährung gedeckt. Das kann bei Jugendlichen so sein, bei alten Menschen, bei Kranken oder in der Schwangerschaft. Wer was wann braucht, steht in der heutigen Folge der Sommerakademie.

Schützen Antioxidantien, zu denen vor allem Vitamin C und E, Beta-Carotin und Selen zählen, vor den Zivilisationskrankheiten Krebs und Herzinfarkt, Morbus Alzheimer und Parkinson, Diabetes, Grauem Star und seniler Makuladegeneration? Dies wird derzeit heiß diskutiert. Hierzulande nimmt bereits jeder Fünfte mindestens einmal pro Woche Vitamin- und Mineralstoffpräparate und hofft so, seine Gesundheit zu fördern oder Abschweifungen vom gesunden Lebensstil zu kompensieren.

Doch noch ist der Nutzen einer hochdosierten Antioxidantien-Supplementierung zur KHK- und Krebsprophylaxe nicht bewiesen. Zwar liefern epidemiologische Studien Hinweise darauf, daß eine an Vitamin E, C, Karotinoiden und Selen reiche Ernährung mit einem verminderten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs einhergeht. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der zusätzlichen Einnahme von Antioxidantien und dem Schutz vor diesen Erkrankungen ist aber noch nicht belegt.

Darin sind sich die Deutsche und die Österreichische Gesellschaft für Ernährung sowie die Schweizer Ernährungsfachgesellschaften mit ihren amerikanischen und kanadischen Kollegen einig, die in ihren dieses Frühjahr erschienenen neuen Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr auch die Antioxidantien unter die Lupe genommen haben. Noch sei die Datenlage zu unklar, um präventiv wirksame Mengen antioxidativer Lebensmittelinhaltsstoffe anzugeben, resümiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) im den präventiven Aspekten der Nährstoffe gewidmeten Teil ihrer neuen Empfehlungen. So hätten mehrere Interventionsstudien mit Vitamin C, Vitamin E und Betacarotin widersprüchliche Ergebnisse geliefert.

Zudem sei noch zu wenig über die Langzeitwirkung einer hochdosierten Antioxidantienzufuhr bekannt. Die Amerikaner haben sogar erstmals obere Schwellenwerte für die Einnahme von Vitamin C, Vitamin E und Selen angegeben, um die Bevölkerung vor einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch extrem hohe Antioxidantien-Einnahme zu schützen. Diese liegen bei 2000 Gramm Vitamin C, 1000 mg a-Tocopherol für Vitamin-E-Supplemente und 400 Mikrogramm Selen pro Tag. Wie also soll man sich vor Herzinfarkt und Krebs schützen? Geraten wird zu einem regelmäßigen und reichlichen Verzehr von Gemüse, Obst und Vollgetreideprodukten, die eine Mischung der natürlichen Antioxidantien Vitamin C, Vitamin E, Beta-Carotin und Selen enthalten, so die DGE-Experten. Wie effektiv eine gesunde an Antioxidantien reiche Mischkost die KHK- und Krebssterblichkeit reduziert, hat kürzlich eine Analyse der Daten von 42 000 an Brustkrebs erkrankten Teilnehmerinnen des Breast Cancer Detection Demonstration Projects in den USA gezeigt. Die Frauen, die mindestens einmal wöchentlich 15 von 23 als gesund eingestuften Lebensmitteln aßen, hatten nach 5,6 Jahren ein um 30 Prozent verringertes Risiko an Krebs, KHK oder einem Schlaganfall zu sterben.

Gesundheitliche Gefahren drohen auch durch Jodmangel. Deutschland ist immer noch ein Jodmangelgebiet, und das hat verheerende Folgen, vor allem ein erhöhtes Risiko für eine Jodmangelstruma, die zu knotigen Veränderungen neigt und die Gefahr von Schilddrüsenautonomien und Hyperthyreosen birgt. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche, denn die Hälfte aller Jodmangelkröpfe entwickelt sich bis zum 20. Lebensjahr. Oberstes Ziel ist deshalb eine Steigerung der Jodzufuhr. Sie beträgt im Mittel 120 Mikrogramm am Tag. Sie müßte für Jugendliche und Erwachsene um 60 bis 80 Mikrogramm steigen, um Jodmangelerkrankungen wirkungsvoll zu bekämpfen. Ein Defizit besteht auch bei der Kalziumversorgung. Vor allem Jugendliche und ältere Menschen nehmen 50 Prozent zu wenig Kalzium mit der Nahrung auf. Ältere riskieren so eine Osteoporose, da bei ihnen meist auch die Vitamin-D-Versorgung ungenügend ist. Die DGE hat deshalb die Empfehlung für die Ca-Aufnahme für Jugendliche und Menschen über 51 Jahren um 200 Milligramm heraufgesetzt. (SAW)

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